Korruption im Kleingartenwesen

Politik und Vereine halten trotz Missständen am skandalgeschüttelten Vorstand fest

Was muss hier noch passieren? Sind hier immer noch alte Seilschaften und Vertuschungen in Pankow am Werk?

Der Bezirksverband der Gartenfreunde in Pankow steht seit Monaten im Zentrum eines der größten Korruptionsskandale, den das Berliner Kleingartenwesen je erlebt hat. Nachdem das Finanzamt dem Verband die Gemeinnützigkeit aberkannt hatte, offenbarten sich weitreichende Konsequenzen, die den ohnehin insolventen Verband an den Rand des Zusammenbruchs treiben könnten.

Im Kern der Entscheidung steht die Feststellung, dass der Verband nicht länger „selbstlos“ agiere. Diese Aberkennung zwingt den Verband nicht nur dazu, rückwirkend Körperschaftssteuern zu zahlen, sondern hat auch das Vertrauen vieler Mitglieder und externer Partner erschüttert. Doch trotz der Enthüllungen und des Chaos bleiben sowohl das Bezirksamt Pankow als auch der Landesverband der Gartenfreunde Berlin weiterhin an einer Zusammenarbeit interessiert.

Die Aberkennung der Gemeinnützigkeit war die unmittelbare Folge jahrelanger Misswirtschaft und mutmaßlicher Veruntreuungen. Besonders ins Gewicht fällt der Fall der ehemaligen Vorsitzenden Viola K., die laut Ermittlungen mindestens 600.000 Euro aus den Kassen des Bezirksverbands zweckentfremdet haben soll. Die Insolvenz des Verbands folgte auf dem Fuße, und die finanziellen Rückstände haben dazu geführt, dass die Mitgliedsvereine seit Anfang 2023 keine finanziellen Unterstützungen oder Dienstleistungen des Landesverbands mehr in Anspruch nehmen können. Marion Kwart, Sprecherin des Landesverbands, betonte, dass ein steuerrechtlich gemeinnütziger Landesverband nur Mitglieder fördern dürfe, die ebenfalls als gemeinnützig anerkannt sind. Diese Situation erschwert die Zusammenarbeit erheblich, zumal finanzielle Fragen derzeit nur unter größten Hindernissen geklärt werden können.

Dennoch halten sowohl der Landesverband als auch das Bezirksamt Pankow an einem Zweckbündnis mit dem skandalgeschüttelten Verband fest. Die Gründe dafür liegen vor allem in organisatorischen Zwängen. Der Betrieb und die Verwaltung der Kleingärten mit ihren Tausenden von Parzellen ist eine logistische Herausforderung, die ohne den Bezirksverband kaum zu bewältigen wäre. Manuela Anders-Granitzki, CDU-Stadträtin und zuständig für den Bezirk, sieht den Verlust der Gemeinnützigkeit daher als sekundär an. Vorrang habe der Schutz der Kleingärtner und die Aufrechterhaltung der Pachtverhältnisse, um das Bezirksamt nicht mit zusätzlichen Aufgaben zu belasten.

Kritiker wie Axel Quandt, ein Kleingartenblogger, der den Skandal aufdeckte, zeigen sich jedoch erstaunt über dieses Vorgehen. Quandt sieht in der Loyalität zum Bezirksverband eine gefährliche Signalwirkung. Er verweist darauf, dass der Verlust der Gemeinnützigkeit die Feststellung des Finanzamts widerspiegele, dass der Verband nicht selbstlos arbeite. Besonders problematisch sei, dass drei der aktuellen Vorstandsmitglieder bereits während der Zeit des Skandals in führenden Positionen tätig waren. Für Quandt liegt hier eine Mitverantwortung vor, die bislang weder politisch noch juristisch aufgearbeitet wurde.

Die politische Untätigkeit ist ein weiterer kritischer Punkt. Trotz der Schwere der Vorwürfe, die weit über den Verlust von Gemeinnützigkeitsprivilegien hinausgehen, hat weder die Bezirksverordnetenversammlung noch ein zuständiger Ausschuss den Skandal bisher umfassend thematisiert. Dies lässt Raum für Spekulationen über mögliche Seilschaften und eine gezielte Verschleierung von Verantwortlichkeiten. Axel Quandt fordert daher nicht nur eine klare Stellungnahme der politischen Akteure, sondern auch Konsequenzen für jene, die seit Jahren in führender Verantwortung im Verband tätig sind.

Auch innerhalb der Kleingärtnergemeinschaft selbst ist die Situation angespannt. Viele Mitglieder stellen sich die Frage, wie die finanziellen Belastungen, die durch die Steuernachzahlungen und die Insolvenz entstehen, überhaupt bewältigt werden können. Zugleich zeigt der Fall, wie tiefgreifend strukturelle Probleme im Kleingartenwesen verankert sind. Während sich die Verantwortlichen bemühen, die Gemeinnützigkeit des Verbands wiederherzustellen, bleibt fraglich, ob die aktuelle Struktur des Bezirksverbands überhaupt geeignet ist, die notwendigen Reformen durchzuführen und verloren gegangenes Vertrauen zurückzugewinnen.

In der Zwischenzeit bleibt der Verband auf Unterstützung angewiesen, doch die Geduld vieler Beteiligter wird auf eine harte Probe gestellt. Die Hilfe, die 2023 bereits einmal angeboten wurde, blieb wirkungslos und wurde aufgrund fehlender Fortschritte eingestellt. Kritiker sehen hierin ein weiteres Indiz dafür, dass der Verband in seiner derzeitigen Form nicht reformierbar ist. Die Frage, ob alte Netzwerke und Seilschaften eine ehrliche Aufarbeitung behindern, steht weiterhin im Raum.

Der Pankower Kleingartenskandal ist längst kein isoliertes Problem mehr. Er wirft ein Licht auf systematische Missstände, die weit über die Bezirksgrenzen hinaus von Bedeutung sind. Während die Verantwortlichen vor Ort weiter verhandeln, um die Zukunft des Verbands zu sichern, bleibt die politische und juristische Aufarbeitung des Falls drängender denn je.